Toxische Weiblichkeit

Toxische Weiblichkeit

Stephanie Fischer

Gastbeitrag von Stephanie Fischer
Webseite von Stephanie Fischer

Wer meine Geschichte schreibt - ein Statement über Grenzen, Wut, Weiblichkeit und eine fantastische Zukunft.

Menschen lassen ihre Geschichte oft von anderen schreiben. Ich meine nicht die Memoiren von Popstars oder Politiker:innen. Ich meine Menschen, aus deren bisheriger Lebensgeschichte, ohne ihren Consent, von anderen ein Klischee gemacht wird.

Und wenn sie sich weigern, ihr ganz eigenes fantastisches magisches dramatisches DIY-Businessleben zu einem Klischee umschreiben zu lassen, damit sich niemand in seinen Glaubenssätzen gestört fühlt, – werden sie ausgeladen.

„Ne, sorry, wir haben jetzt einen Ersatz für dich gefunden. Wir würden dann sagen, dass du Corona hast."

Das ist mir gerade passiert.

Ne. Einfach nein. NEIN.

ICH erzähle meine Geschichte

Ihr nehmt euch das Recht heraus, euch mit mir als Hauptact eures Meetups zum Thema „Modernes Unternehmertum“ öffentlich zu schmücken. Und dann wieder auszuladen unter Erklärungen, die mir nicht zugutekommen.

Ich nehme mir hier das Recht heraus, meine Geschichte selbst zu erzählen.
Das ist meine Geschichte.

Ich schreibe diesen Blogpost, um zu sagen, was ICH als FRAU und UNTERNEHMERIN erlebt und gelernt habe. Watch me not being a victim. Watch me being a woman.

Nimm dir ein Beispiel. Wer durfte bisher DEINE Geschichte über dich erzählen?

Hol sie dir zurück. Jetzt.

Weibliche Stärke – Existenz ungewiss für Männer (und Frauen)

Ich bin eine weibliche Gründerin, die nicht mehr in das Klischee einer weiblichen Gründerin passt. Und wütend bin ich auch gerade. YES. Ich schreibe diesen Text als Frau mit WUT im Bauch. Gar nicht so sehr auf das Meetup. Dem sage ich eher Danke für so viel Transparenz über die wahren Beweggründe meiner Interviewabsage. Das ist nur ein Symptom.

Ich bin wütend auf das fast nicht Sichtbar- und Greifbar-sein weiblicher Stärke und Führungskraft in dieser fucking Businesswelt. Ich meine WEIBLICHE STÄRKE und GRENZEN. Nicht Frauen, die ihren Mann stehen. FUCK.

Toxic Everything

Ich will das so nicht mehr. Bis hierhin und nicht weiter. Toxic Masculinity kann nicht existieren ohne Toxic Femininity. Dieser Blogpost dreht sich um Toxic Femininity.

Lasst uns beginnen.
Lasst uns bei mir beginnen. Ich habe Erfahrung mit Toxic Femininity.

Zunächst zurück zum abgesagten Interview.

Frau, bestätige die Meinung, die das Publikum über dich haben soll.

Als Vorbereitung auf das Interview hatte ich für die Moderatorin ein paar Stichworte zu meinem CV geschickt. Ich hatte den Fokus auf meine persönlichen Entwicklungsschritte gelegt. Eine Unternehmung kann aus meiner Erfahrung nur so stark sein, wie die Persönlichkeit der/des Gründers/in. Aus meinen inneren Wachstumsstufen ergibt sich mein beruflicher Werdegang zwischen Festanstellung, Beraterin, Unternehmerin, Autorin etc. Außen folgt Innen. Veränderung im Innen findet zuerst statt. Never vice versa.

Danach krieg ich eine Nachricht vom Meetup, dass ich das so nicht sagen kann. Ob ich nicht eine andere professionelle Geschichte zu meiner beeindruckenden beruflichen Laufbahn erzählen kann?

Sprich, Frau, aber nur das, was uns gut entertaint.

Ich befinde mich in folgender Ausgangssituation: Ein Meetup will ein Interview mit mir, aber ich darf nicht sagen, was ich will.

Femininer Blickwinkel auf die Geschäftswelt – unzumutbar

Die Gründe?

Weil da auch Männer sind. Die erwarten was anderes. Die wollen nicht so persönliche Entwicklung. Die wollen nicht eine Unternehmerinnen-Story hören, deren einzelne Stufen sich darum drehen, immer weniger Schmerz zu spüren – bis es sich umdreht und Freude und Selbstausdruck in der Mitte meiner Geschäftsmodelle stehen.

Ich spreche hier nicht nur über ein Meetup, sondern vor allem auch über große Teile der aktuell existierenden Geschäftswelt in Deutschland.

Mein femininer Blick auf die Geschäftswelt, wie ich - eine Frau, die sich in ihre weibliche Stärke bewegt - über meine Geschäfte spreche, soll dem Publikum nicht zugemutet werden.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum ein Event das Gefühl hat, ihrer Zielgruppe, insbesondere den Männern darunter, meine Erkenntnisse vorenthalten zu wollen, die mich u.a. zu der Gründung der Leichten Mädchen geführt haben. Ist das Hoheitswissen, das nur in weiblich besetzen Tupperware Veranstaltungen geteilt werden soll?

Auch Männer haben das Recht sich emotional weiterzuentwickeln. Oder?

Insbesondere Männer verdienen oft einen Haufen Kohle und sind trotzdem unglücklich. 0815 Business ist also nicht wirklich ihr Problem. Egal, ob sie ihr eigenes Unternehmen haben oder Angestellte sind. Wenn du nicht rausfindest, wie du einen Geschäftszweck findest, der dir FREUDE bereitet und sich für dich sinnvoll anfühlt, wirst du nicht durchhalten. Es ist deswegen kontraproduktiv, ein Unternehmen z.B. nur nach den alten Lean Startup Prinzipien aufzubauen. Das hätte eine meiner Messages in der Veranstaltung sein können.

Warum ich mich nicht mehr so verhalte, wie man es von Männern verlangt

Na echt, I tried. I tried really really hard. Ich habe alles geregelt und bin dominant direkt aufgetreten und mein Business skaliert ohne Zweifel und durch die Wand. Ich habe keine Hilfe angenommen und ich kann alles alleine und wenn ich härter arbeite, klappt es. Ich habe ohne Zittern in der Stimme gesprochen, immer die Contenance behalten, Affären gehabt, war auf alles vorbereitet und habe maßgeschneiderte Anzüge getragen. Ich war also mal ein richtig guter Mann.

Rückwirkend würde ich vieles, was ich als Frau in der Tech Welt gemacht habe, als Prostitution, vieles davon pro Bono, beschreiben. Ich habe der Aussicht auf Erfolg alles untergeordnet. Meine Gesundheit, mein Glück, meine Freizeit, meine Familie und Freunde. Kommt dir das wie ein männliches Schicksal vor? Wie oben schon geschrieben: Ich war ein echt guter Mann damals. Nachdem ich für die Optik gerne farbenfrohe Designerkleider getragen habe, ist das nur den wenigsten – wahrscheinlich sogar niemandem – aufgefallen. Nicht mal mir selbst.

Zurück zum Meetup.

Knallharte Business Entscheiderin

Mich als Unternehmerin soll ich als knallharte Business Entscheiderin darstellen. Nicht so Schmerz vermeiden shishi esoterisch. By the way, ich bin eine knallharte Business Entscheiderin. Ich habe zum Beispiel vor einiger Zeit entschieden, nach 3 Jahren aus meinem KI Startup auszusteigen, das ich zusammen mit einem Mitgründer aufgebaut hatte und von dem wir beide schon sehr gut leben konnten. Ich hab meine Anteile an den Co-Founder zurück verkauft.

Aber nicht aus den allseits akzeptierten Gründen wie:

weil „es so gut lief und ich eine neue Herausforderung wollte“,
weil „es strategische Differenzen im Gründungsteam gab“,
weil „ich mehr Zeit für die Familie wollte“,
weil „ich ein Angebot bekommen habe, das ich nicht ablehnen konnte“ etc.

– Achtung, Triggerwarnung -

Nein. Ich habe dieses Baby verkauft und verlassen, weil wir offiziell alles richtig gemacht hatten: Lean Startup, agile Entwicklung, MVP, Design Thinking, Profitabilität, Automatisierung, fancy User Interface etc. Und im Zeichen des Kundenfokus und einer lukrativen Marktnische, haben wir so lange pivotiert, bis wir angenehm profitabel waren und – zumindest ich - im Prozess dahin meine Seele an Silicon Valley-Ideale verkauft hatte. Ein KI Startup, eine vom bayerischen Staat geförderte Erfolgsgeschichte mit female Co-Founder und KI. Meine Seele nicht mehr spürbar. Der Kundennutzen erfüllt.

Fully-automated Highway to Scaled-Up Entrepreneurship Hell

Aber ich sage dir, ich bin nicht die Einzige, die aus einem Arbeiter-, Angestelltenverhältnis kommt, ein Unternehmen ins Rollen gebracht hat und sich irgendwann, als die Routinen zunahmen und der Panik-Pioniermodus ab, gewundert hat, warum es mir so schwerfällt, in der Früh aufzustehen und mich zu motivieren, wenn das doch alles MEINS ist. Hab ich das etwa nicht alles aus meiner inneren Freiheit erschaffen? FUCK. No.

Aber ich soll lieber über ROI und Skalierung und Automatisierung sprechen?

Nein. Einfach Nein.

Nein. Weil das meist NICHT das Problem ist, warum du nicht mehr so kannst wie bisher. Auch als Mann. Insbesondere als Mann.

Nein. Weil die Selbstausbeutung von Menschen in Deutschland System hat. Nein. Weil du „richtig gefickt wirst, wenn du scheiterst“, um einen lieben Menschen zu zitieren. Wenn nicht von deinen eigenen „Jetzt-ist-es-offiziell-ich-bin-nichts-wert“-Gedanken im Kopf, dann vom Finanzamt oder einer der anderen Institutionen.

Nein. Weil, wie meine Mitgründerin Sabine Verges die Message der Leichten Mädchen im Business-Kontext formuliert:

„Schau uns an. Wir haben im beruflichen Lebenslauf alles richtig gemacht und es hat uns fast das Leben gekostet, nicht authentisch unserem Herzen, sondern unreflektiert unseren Prägungen zu folgen. Jetzt lieben und leben wir das, was wir tun. Wir dachten, man könne kein Geld mit dem verdienen, was man liebt, aber das ist Bullshit. Menschen sehnen sich nach Authentizität.“

NEIN. Weil Frauen endlich in ihre WEIBLICHE Stärke kommen müssen, damit sich hier etwas ändert. Frauen, wir müssen nicht nur sichtbar sein als angemalte Pseudo-Männer. Wir müssen GREIFBAR werden in unserer weiblichen Kraft.

Erkenne dich, Frau

Vielleicht weißt du, liebe:r Leser:in jetzt gar nicht, was ich meine mit dieser „weiblichen Kraft“, die in dir stecken soll. Genau das ist der Punkt! Es ist an den FRAUEN, sich selbst zu erkunden und nach außen zu tragen. Greifbar zu werden. Grenzen zu ziehen. Insbesondere im Business. Denn die Business Welt birgt enormes Skalierungspotential:

Frauen, UNSERE KRAFT wird das neue Mobilitätskonzept entwickeln, das Städte heilen wird.
Frauen, IN UNS liegt der Weg zu einer Welt in Frieden.
Frauen, UNSERE SELBSTERKENNTNIS wird den Männern kurzfristig Grenzen und mittelfristig Orientierung geben.

WEIBLICHES SELBST-BEWUSSTSEIN ist die WINNING STRATEGY für alle. Wenn du nicht weißt, von was ich spreche, liebe Leserin, fang an damit, es für dich herauszufinden. Es ist ein Prozess.

Bis noch viel mehr von uns sagen können: Ich stehe hier in meiner weiblichen Kraft. SO FÜHLT SICH DAS AN. Komm näher und lerne von meinem Wissen.

Frauen, wir müssen greifbar werden MIT unserer Weiblichkeit

Ich schreibe meine Geschichte selbst. Ich nehme mein Narrativ in die eigenen Hände.
Weil es so nicht weitergeht. STOPP. Ich schmiere keine Butterbrote mehr für Männer, die in den Krieg ziehen. Ich betrauere keine unschuldigen Toten mehr.

Ich beschwere mich nicht mehr, dass es noch X Jahre dauert, bis Frauen gleichberechtigt sind. Gleichberechtigung ist eine Diskussion, die zu nichts führen wird. Diese Diskussion ist meiner Ansicht nach eine fatale Ablenkung von dem, was das Potential hat, die Welt wieder gerade zu rücken und für was die Leichten Mädchen Eintrittstore für Männer und Frauen bereitstellen:

FRAUEN, die ihre WEIBLICHE KRAFT wiederentdecken.
FRAUEN, die GREIFBAR werden für MÄNNER in ihrer GELEBTEN WEIBLICHKEIT.
FRAUEN, die ihre GRENZEN zeigen, damit MÄNNER endlich aufhören, nach Grenzen zu suchen und sich beruhigen können.
FRAUEN, die FÜHLEN, wer sie sind.
FRAUEN, die in ihrer WEIBLICHEN URKRAFT stehen und die nichts anderes neben sich akzeptieren als MÄNNER, die sich zu ihrer MÄNNLICHEN URKRAFT rückbesinnen.
FRAUEN, die MÄNNERN in diesem Prozess beistehen.

Das ist das Paradies auf Erden. Ich fühle es. Aber fuck, müssen wir alle noch Dämonen besiegen, bis es so weit ist.